Rauchpause [und Nietzsche]
Als leidenschaftliche Raucherin schätze ich sehr, dass es in unserer Firma eine nette Raucherkantine gibt; von dort gelangt man auf eine Terrasse mit Tischen und Stühlen im üppig begrünten Innenhof, so dass meine Raucherpausen jetzt im Frühling tatsächlich einen gewissen Erholungswert haben... Käffchen, Kippchen, in die Sonne blinzeln oder Ameisen beobachten... so emsig wie die bin ich wohl kaum? In den Pausen bitte nicht an die Arbeit denken (manchmal allerdings kann ich's nicht vermeiden). - Heute morgen hat mich keine Krähe hier in Soest begrüsst, kein einziger Rabenvogel im Luftraum über dem Bahnhofsvorplatz. Im Winter lässt mich das Krähengeschrei an Nietzsche denken... "wohl dem, der jetzt noch Heimat hat"**. In kalter Winterluft klingt die Beschallung anders als im Frühling oder Sommer. - Mal schaun, vielleicht sind die Krähen heute nachmittag wieder da und verabschieden mich dann in den Feierabend. Neulich erzählte mir ein Kollege, dass man im letzten Jahr hier im Städtchen zahlreiche Krähennester aus den Bäumen entfernt hat, um die Vögel loszuwerden: Weil sie soviel Krach machen, die Anwohner fühlten sich lärmbelästigt... vom Vogelgeschrei, tatsächlich, nicht vom Verkehrsgetöse... wie auch immer, ich bin recht arbeitsträge heute und werde gleich nochmal eine rauchen gehn. -
** Hier mal das Nietzsche-Gedicht "Vereinsamt", das mir winters die Krähen in den Brustkorb schrein... und das zu meinen liebsten Lyrik-Stücken gehört:
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein. -
Wohl dem, der jetzt noch Heimat hat!
Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist Du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt - ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends halt.
Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.
Flieg, Vogel, schnarr
Dein Lied im Wüstenvogel-Ton! -
Versteck, du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein. -
Weh dem, der keine Heimat hat.
(Nietzsche-Texte online bei Projekt Gutenberg)
** Hier mal das Nietzsche-Gedicht "Vereinsamt", das mir winters die Krähen in den Brustkorb schrein... und das zu meinen liebsten Lyrik-Stücken gehört:
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein. -
Wohl dem, der jetzt noch Heimat hat!
Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist Du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt - ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends halt.
Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.
Flieg, Vogel, schnarr
Dein Lied im Wüstenvogel-Ton! -
Versteck, du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein. -
Weh dem, der keine Heimat hat.
(Nietzsche-Texte online bei Projekt Gutenberg)
monehartman - 14. Apr, 12:51